Ja-Nein-Fragen mit dem Tarot beantworten

Trotz jahrzehntelanger Tarotpraxis bin ich erst kürzlich auf die Idee gekommen, mit dem Tarot eine einfache Ja-Nein-Frage beantworten zu wollen. Dabei ist dies eigentlich ja das schlichteste divinatorische Bedürfnis, das man haben könnte.

Priestess of Delphi - John Collier [Public domain], via Wikimedia Commons

Schon im antiken Griechenland gaben die Priesterinnen im Apollon Tempel von Delphi, dem einfachen Volk, dem es an monetären Mitteln für einen ausführlichen Orakelspruch fehlte, für ein Huhn oder eine Kupfermünze, Ja-Nein-Antworten auf ihre Fragen. Die Divination erfolgte dann mittels schwarzer und weißer Bohnen, die von der Priesterin aus einem Behältnis gezogen wurde. Eine weisse Bohne stand für ein Ja, eine schwarze für ein Nein.

Also musste es doch auch sicher einen Weg geben, auch den Tarot für diese Aufgabe zu verwenden. So durchforstete ich meine Bibliothek und das Internet und stieß auf eine Vielzahl von haarsträubenden Kommentaren, die mir suggerieren wollten, dass sich der Tarot für Ja-Nein-Fragen konzeptionell überhaupt nicht eignen würde, ja man ihm mit einer solchen Forderung sogar sprichwörtlich Gewalt antun würde.

An dieser Stelle legte ich die entsprechenden Texte meist kopfschüttelnd aus der Hand. Als erfahrener Praktiker muss ich einem solchen Gebaren entschieden widersprechen, denn bei jeglicher Divinationsarbeit liegt es immer am Ausübenden, welches Bezugs- und Bedeutungssystem er oder sie auswählt und allein das setzt die Grenzen der Einsatz- und Deutungsmöglichkeit.

»Derjenige, der sagt: „Es geht nicht“, soll den nicht stören, der’s gerade tut.«¹

Keltisches Kreuz - Rider-Waite-DeckIch möchte nicht falsch verstanden werden, denn natürlich ist es mitunter bequemer die divinatorischen Kräfte eingetretene bzw. ausgewaschene Pfade, wie z.B. das Keltische Kreuz, entlang fließen zu lassen und die Ausdeutungen seines Lieblingsautors als Bedeutungssystem auszuwählen. Es liegt jedoch ebenfalls in unserer schöpferischen Möglichkeit eigene Bahnen zu ebnen und ein ganz persönliches Bezugs- und Deutungssystem anzunehmen. Dieses ist bei ausreichender Bewusstheit sogar Fallweise problemlos änderbar.

So lege ich ja auch sonst bereits vor Beginn einer jeden divinatorischen Arbeit fest, mit welchem Werkzeug ich in welcher Weise arbeiten möchte und das sollte auch für das Bezugs- und Bedeutungssystem gelten. Oft gehen wir wie selbstverständlich damit um, denn natürlich benutzen wir z.B. das Keltische Kreuz, weil wir uns daran gewöhnt haben und es eben immer verwenden und natürlich verheißt uns der Stern den erhofften Rückenwind und der Turm könnte eine stürmische Entladung mit sich bringen. Dies ist aber nur so, weil wir es für uns so festgelegt haben und andere Praktizierende diese Festlegung geistig als gemeinsamen Glaubenssatz mit stabilisieren. Wir können die Deutung für uns jederzeit modifizieren oder auch umkehren, dies erfordert lediglich Energie, in Form von Bewusstheit und Konzentration bei der Divination. Es ist also ganz allein unsere Wahl, ob wir die Energien in den ausgewaschenen Bahnen fließen lassen oder ob wir sie bewusst in andere Bahnen lenken, was nur ein klein wenig mehr Konzentration erfordert, die aber jeder leisten kann. Dieser kleine Mehraufwand sollte jedoch niemanden abschrecken einmal willentlich eigene Wege zu gehen, denn letztlich gehört dies zum Weg der magischen Individuation.

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Nach einiger Recherche- und Forschungsarbeit habe ich nachfolgend einige Bezugssysteme für die Beantwortung von Ja-Nein-Fragen mittel des Tarot zusammengetragen und diese, wo ich es für angebracht hielt, ergänzt. Doch auch hier gilt das Vorangestellte, denn nie ist nur ein Weg richtig oder gültig; man kann den eingetretenen Pfad wählen, ihn lediglich als Inspiration für einen Abschnitt Wanderung verwenden oder gänzlich eigene Wegen gehen, ganz wie es einem beliebt. Der einzige, der hier etwas gültig vorschreiben kann, ist man selbst!

Zwei-Karten-Technik

Man wählt zwei Karten aus, von denen man die eine als die Ja- und die andere als die Nein-Antwort festlegt (z.B. die Sonne für ja, der Mond für Nein). Danach legt man den gemischten Stapel aus, bis eine der beiden Karten erscheint. Die erste Karte die erscheint, gibt die Antwort.

Einfache Yin-Yang-Technik

Bei dieser Technik arbeitet man mit den Zahlenwerten der einzelnen Karten.
Den großen Arkana ist ja von Haus aus ein Zahlenwert von 0 bis 21 zugeordnet. Bei den kleinen Arkana nimmt man ihren im Namen enthaltenen Wert (also z.B. Zwei der Kelche = 2) und bei den Hofkarten (König, Königin, Ritter, Bube usw.) den Wert 0 an.

Nun zieht man aus dem gemischten Deck eine einzelne Karte.
Die Yang-Zahlen, das sind die ungeraden Zahlen 1, 3, 5, 7, 9 usw., stehen traditionell für ein Ja. Die Yin-Zahlen, das sind die gerade Zahlen wie 0, 2, 4, 6, 8 usw., antworten uns mit einem Nein.

Erweiterte Yin-Yang-Technik

Die erweiterte Yin-Yang-Technik basiert auf den Grundannahmen der zuvor beschriebenen Technik, nur werden hier nach dem Mischen drei Karten als Antwort aus dem Deck gezogen oder alternativ von Oben abgenommen. Anschließend werden die Zahlenwerte addiert. Ist das Ergebnis eine ungerade Zahl, also eine Yang-Zahl, ist die Antwort ein Ja, bei einer geraden Zahl, einer Yin-Zahl, ein Nein.

Beispiel:

Der Stern = 17
Ritter der Stäbe = 0
As der Kelche = 1

Beispiel-Rechnung: 17 + 0 + 1 = 18 = Yin-Zahl = Nein

Drei-Karten-Entscheidung

Eine andere auf drei Karten basierende Technik gewichtet die Karten nach folgendem Modell:

Karten der großen Arkana = Ja
Hofkarten aller Farben = Nein
Sonstige kleine Arkana Kelche und Pentakel = Ja
Sonstige kleine Arkana Stäbe und Schwerter = Nein
(Wahlweise können die sonstigen kleinen Arkana auch vom Kartenleger selbst symbolisch für ein Ja oder Nein ausgedeutet werden.)

Am Ende ist wieder ausschlaggebend, ob die Ja- oder Nein-Karten in der Überzahl sind.

Two Pile Spread

Für diese Technik verwendet man nur die 22 Karten der großen Arkana. Nach dem Mischen teile die Karten abwechselnd auf zwei Stapel aus. Beim Platzieren der ersten Karte entscheide Dich aus dem Bauch heraus, ob Du mit dem Ja- oder dem Nein-Stapel beginnen willst. Der Stapel, in dem sich am Ende das Rad des Schicksals findet, ist ihre Antwort.

Magische 13 (Tendenztechnik)

Bei dieser Technik arbeitet man mit aufrechten und umgekehrten Karten und kann etwas mehr als ein Ja oder Nein, nämlich eine Tendenz abfragen. Zuerst mischt man das Deck so, dass die Karten in eine Position, in der sie mit dem Kopf sowohl nach oben, als auch nach unten geraten können. Hierzu gibt es verschiedene Techniken. Ich finde das initiale „Verrühren” der verdeckten Karten auf dem Tisch vor dem Mischen am praktischsten.
Nach dem Mischen wird aus dem Deck jede 13. Karte aussortiert (also die 13., 26., 39., 52., 65. und 78. Karte) und in einer Reihe hintereinander aufgedeckt. Nun ermittelt man wie viele Karte richtig herum und wieviel Karten auf dem Kopf stehen.

5 bis 6 Karten richtig herum: eindeutiges Ja
3 bis 4 Karten richtig herum: tendenziell Ja
2 bis 3 Karten richtig herum: tendenziell Nein
0 bis eine Karte richtig herum: eindeutiges Nein

Entscheidungsspiel / Scheideweg

Diese Technik ist mein absoluter Favorit unter den Techniken zur Beantwortung von Ja-Nein-Fragen, da sie sich weniger mit der Entscheidung selbst, sondern mehr mit den Konsequenzen der jeweiligen Entscheidung auseinander setzt.

Man benötigt sieben Karten, die man in folgender Reihenfolge und Form auslegt.

Es ergibt sich eine oberer und ein unterer Strang. Der obere Strang (3, 1, 5) symbolisiert nun die Konsequenzen der Ja-Entscheidung, der untere Strang (4, 2, 6) die Konsequenzen Nein-Entscheidung. Die Entwicklungen sind chronologisch der Form des Bildes folgend, dem Strang entlang von links nach rechts. Die siebente Karte steht als Ausgangspunkt und Signifikator für den Hintergrund der Fragestellung.

Einigen der großen Arkana kann bei dieser Technik zusätzlich eine besondere Bedeutung beigemessen werden.

Die Liebenden: Eigentlich hat man die Entscheidung in seinem Innersten schon für diesen Entwicklungsstrang getroffen.

Das Rad des Schicksals: Der Entscheidungsspielraum ist schicksalhaft beschränkt, so dass sich Dinge unabhängig von der Entscheidung (zumindest initial) zwingend in diese Richtung entwickeln werden.

Die Welt: Symbolisiert den wahren Platz des Fragenden in der Welt und enthält damit eine klare Wegweisung für die Entscheidung, die alle anderen Karten überstimmt.

Der Stern: Dieser Strang kann als in besonderem Maße glücksverheißend und wunscherfüllend angesehen werden. Die Sterne stehen eben günstig für diese Entwicklung.

Das Gericht: Auf dem Weg, auf dem der Wahrheitssucher dem Gericht begegnet, findet er seinen Schatz.

Von den beschriebenen Techniken existieren die verschiedensten brauchbaren Variationen. Wenn etwas für Deine divinatorische Praxis dabei war, freut mich das sehr.

Solltest du eine Ja-Nein-Technik schmerzlich vermissen, beschreibe sie doch einfach in einem Kommentar, auch ich lerne immer wieder gerne etwas Neues kennen.

Quellen:

Astrolymp – Ja Nein-Orakel
runen.net – Das Orakel
tarot-treff.de – Tarot beantwortet Ja Nein Fragen
Tarotwissen – Ja! oder Nein! – das ist hier die Frage
Engelsblog – Eine Anleitung zur Durchführung einer Ja Nein Tarot-Lesung!

Youtube:

Der Tarot-Kanal – Das TAROT Legesystem – Das Entscheidungsspiel

Einzelnachweise:

¹ Aphorismen.de


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3 Gedanken zu „Ja-Nein-Fragen mit dem Tarot beantworten“

  1. Die für mich bisher schlüssigste Variante, speziell im Tarot de Marseille, ist immer noch recht einfach und die die wohl historisch auch am Haltbarsten ist.
    Man nehme die Pips/kleine Arkana her:
    Schwarz (Schwerter) stehen für nein bzw (Stäbe) „eher nein“ und rote (Kelche) für ja bzw (Münzen) „eher ja“.

    3 Karten ziehen, Tada!

    Antworten

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