Die Magie des Opferns

Lastman orestes

Kürzlich diskutierte ich in einer Runde von Magiern die Bedeutung verschiedener Ritualgegenstände und wunderte mich, dass in der Aufzählung der wichtigsten Utensilien bei keinem eine Opferschale bzw. ein anderes Opfergefäß vorkam, bis ich selbst die Aufmerksamkeit auf das Thema lenkte. Dies möchte ich zum Anlass nehmen, einmal meine Gedanken und Erkenntnisse zur Magie des Opferns mit meinen geschätzten Lesern zu teilen.

Eine Fragestellung, die heutzutage zu meiner Verwunderung unter den Ausübenden okkulter Praktiken häufig aufkommt, ist nicht so sehr die Frage nach dem „Wie mache ich das?”, sondern vielmehr die Frage danach, ob man dabei etwas falsch machen kann und wie eine bestimmte Anleitung möglicherweise zu interpretieren sei. Ich vertrete hier die Ansicht, dass die Beschäftigung mit einer zeremoniellen Praktik nicht dazu führen darf, dass man sein eigenes Gehirn ausschaltet und seine eigene Intuition einer, egal wie hochgepriesenen, Anleitung unterordnet. Im Klartext würde ich niemand irgend eine rituelle Praktik empfehlen, deren Wirkmechanismus er nicht verstanden hat oder die er oder sie innerlich ablehnt.

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Ich möchte damit aber keinesfalls weitere Berührungsängste mit dem Okkulten schüren, denn das haben seine Gegner, ohne wirkliche Kenntnisse der Materie, bereits mehr als ausreichend  getan. Sie meinten nämlich auch, dies aus einer ihrer ebenso missverständlichen Anleitungen herauslesen zu können. Ich möchte vielmehr zum bewussten Umgang mit den Kräften hinter dem Schleier dieser Wirklichkeit anregen, denn alles andere käme nur einem Stochern im magischen Nebel gleich und würde den Praktizierenden auf eine Stufe mit dem sprichwörtlichen blinden Huhn, das auch mal ein Korn findet, setzen.

Dies bedeutet, dass auch ein Opfer, nicht gebracht werden sollte, nur weil es eben verlangt wird oder im jeweiligen zeremoniellen Ablauf vorkommt. Sondern, dass sich der Opfernde, bei der Vorbereitung und während der Opferung darüber klar sein muß, in welcher Absicht er das Opfer bringen will, ob das Opfer dem Wesen und Kontext entspricht und die Art und Weise der Opferung mit dem Paradigma, in dem das Ritual bzw. Anrufung stattfindet, übereinstimmt.

Gehen wir diese Punkte im Einzelnen durch:

Die Absicht – Warum bringe ich das Opfer?

Was will ich mit meinem Opfer überhaupt erreichen und steht mein Opfer mit meiner magischen Zielsetzung in Einklang? Ein Beispiel, nehmen wir an du vollziehst eine magische Arbeit, die dir einen Geldsegen bescheren soll und opferst dabei überschwenglich all dein verbleibendes Geld. Nun ist es aber evtl. gerade deine Lektion haushalten zu lernen und du bist deshalb genau in einer Geldmangeldsituation. Was meinst du was jetzt passieren wird? Vor allem was meinst Du, was in Abhängigkeit zur Gesinnung des Wesens, das du angerufen hast, passieren wird? Denk mal darüber nach – und gehe dabei ruhig von der Prämisse aus, dass niemand seiner Lektion entgeht und sie entweder erfolgreich abgeschlossen oder aber diese in einen anderen Lebensbereich verlagert wird.

Die Art und Weise – Wie funktioniert mein Opfer?

Hiermit ist gemeint, ob mein Opfer bzw. ihr freigesetzter feinstofflicher Anteil als eine Gabe oder Tauschware gedacht ist, ich mit dem Opfer meine Fähigkeit zum Verzicht und damit geistige Reife zum Ausdruck bringen will, ich durch z.B. ein Versprechen zu einer Handlung oder Unterlassung den Machtbereich eines Wesens oder einer Sphäre vergrößere, da diese Tat dem jeweiligen Prinzip dient oder ob ich durch die anschließende Verwendung der Opfergabe z.B. für einen bestimmten mildtätigen Zweck Karma abtragen und so einen schicksalshaften Wendepunkt forcieren möchte. Dies umfasst natürlich bereits die Berücksichtigung allgemeiner geistiger Gesetze, die Festlegung ist aber darüber hinaus auch ein ernst zu nehmender schöpferischer Akt, der den Weg des Energieflusses definiert, so als würde man in einem Stellwerk der Bahn eine Weiche für eine bestimmte Fahrtrichtung umlegen und so dem Zug die Richtung vorgeben, wenn er dann durchfährt. Es sei aber angemerkt, dass bestimmte Züge in bestimmten Paradigmen gar nicht verkehren.
Bin ich mir über diese Punkte im Klaren, sollte ich prüfen, ob mein Opfer zum Wesen meines feinstofflichen Gegenübers passt.

Wesen und Paradigma – Ist mein Opfer passend?

Bringe ich einem Wesen ein Opfer dar, sollte ich mir gut überlegen mit wem ich es tun habe und was mein Opfer für dieses Wesen bedeutet. Eigentlich ist es die gleiche Überlegung, als wenn ich auf der Suche nach einem Geschenk für jemanden bin, nur das dieser jemand aus einer anderen Wirklichkeit stammt. Das heisst insbesondere, dass die Bedeutung, die den Dingen in dieser Welt zu kommt, mit der Bedeutung in geistigen Welten nicht in einer 1:1-Beziehung steht. Hierüber sollte man intensiv nachdenken. Geld z.B., dem in dieser Welt ein bezifferbarer Wert zugesprochen wird, ist möglicherweise in der nächst feineren Ebene eher eine Energie, die der Elementaren oder astrologischen Entsprechung des für die Münzen verwendeten Metalls gleichkommt, auf einer anderen Ebene gewinnt ein Geldopfer möglicherweise erst dann einen Wert, wenn es für einen bestimmten Zweck tatsächlich eingesetzt wurde usw..

Auch die hierarchische Position des Wesens ist bei der Opferwahl zu bedenken. Wende ich mich an eine übergeordnete Gottheit oder bitte ich eher einen Helfershelfer um Mithilfe. Weiterhin kann es nicht Schaden sich vor Augen zu führen, ob man es mit einer aufbauenden oder zerstörerischen Kraft zu tun hat und mit welchen Aufgaben dieses Wesen sonst den lieben langen Tag beschäftigt sein mag. So wird der Schutzpatron der Metzger, wenig erfreut sein, über ein Gelübde des Fleischverzichtes, so groß das Opfer auch für dich ist.

Weiterhin können bestimmte rituelle Opferformen bestimmten Wesen missfallen, weil sie ihnen einfach nicht entsprechen, so wird ein Brandopfer einem Elementarwesen des Wassers weniger zusagen und deshalb möglicherweise ignoriert werden.

Genauso kann ein Wesen aus dem Pantheon oder der Geisterwelt eines anderen Kulturkreises, durchaus dessen Konventionen folgen und so gewisse Opfer bevorzugen bzw. andere völlig ablehnen.

Soviel zu bedenken, gibt es da nicht so etwas wie eine sichere Wahl, die alle geistigen Wesen gern annehmen?

Ja, tatsächlich gibt es eine Art Universalwährung auf der geistigen Ebene, über die der Mensch verfügt, das ist sein Bewusstseinslicht. Konzentration und Hingabe bündeln es wie ein Strahl, der dem zufließt, auf das du es richtest. Jeder der einer geistigen Disziplin folgt, wird diese Aussage von selbst verstehen. Aber aufgepasst auf wen du dabei deine Aufmerksamkeit konzentriert ausrichtest, denn dadurch schaffst du nicht nur eine Verbindung in eine Richtung, sondern es kommt bei dieser Art Austausch auch zu einem regen Rückfluss von Wesensteilen von der empfangenden Wesenheit. Man möchte ja nicht jedem Wesen zunehmend ähnlicher werden. Natürlich kann man entsprechende Maßnahmen treffen, aber wer schüttelt nicht lieber Leuten die Hand, bei denen er dabei auf das Tragen von Sicherheitshandschuhen verzichten kann.

Ein andere Möglichkeit ist ein sog. Gelübde des Ausgleiches. Dieses ist aber ebenfalls mit Vorsicht zu genießen, damit man sich karmisch nicht überschuldet und sollte nur Wesen gegeben werden, bei denen man sich absolut sicher ist, dass sie dies im Auge haben und dementsprechend bei der Erfüllung unserer Wünsche wohlwollend maßhalten.

Wieder so viel zu bedenken, sollte ich da nicht lieber auf Opferungen ganz verzichten?

Keinesfalls! Du solltest dir meiner Überzeugung nach lieber Gedanken über dein Opfer machen. Denn dein Opfer ist durchaus ein Maßstab deiner magischen Reife und kann bereits zeigen, ob du eine vorab notwendige Lektion gelernt hast und damit bestimmte Eingriffe in dein Schicksal zulässig sind, gleich welches Wesen oder welche Macht du am Ende dafür um Hilfe bittest. Dein Opfer spricht also eine Sprache und kann dir auch als magischer Passierschein dienen. Lerne also diese Sprache, in dem du dich fragst, wie kann ich durch mein Opfer signalisieren, dass ich die zum Erreichen des Zieles möglicherweise geforderte Lektion bereits gelernt und verstanden habe. Ein so dargebrachtes Opfer entwickelt bereits seine eigene unwiderstehliche Magie.

Opferaltar - Foto Ralf Lemke 2019

Quellen:

Emil Stejnar – Das Schutzengelbuch: Wie erlangt man Kontakt mit den höheren Wesen – Iberia Verlag,  1. Auflage 2007

Joshua Cutchin – A TROJAN FEAST: The Food and Drink Offerings of Aliens, Faeries, and Sasquatch – Anomalist Books, 2015

Eduardo Kohn – How Forests Think: Toward an Anthropology Beyond the Human – University of California, 1.Auflage 2013

Youtube:

Reicher & Stark – Jaguare & Perspektivismus. Der Dschungel als Garten, die Welt als Metapher

Reicher & Stark – Feengold & Anderswelt. Reale Metaphern, Besuche beim Fae Folk und den Spirit Masters


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